Isabel Lüdi-Roth, Texterin, Dipl. Pflegefachfrau
Viele Frauen denken im Trubel des Lebens nicht daran, sich mit dem Thema Wechseljahre auseinanderzusetzen … bis sie mittendrin sind. Die Wechseljahre beginnen früher, als die meisten annehmen, erste Anzeichen werden deshalb oft nicht richtig eingeordnet. Immerhin leiden zwei Drittel der Frauen hierzulande an diversen Wechseljahresbeschwerden. Aber wir können sehr viel dazu beitragen, um möglichst gut durch diese Zeit zu kommen. Wir können diese Zeit des Wechsels proaktiv und positiv gestalten, es gibt einiges, was uns hilft und unterstützt. Und jeder Wechsel, jede Veränderung, birgt auch neue Chancen.
Wechseljahre? Kurze Einführung und Begriffserklärung
Die Wechseljahre beschreiben den Wechsel von den fruchtbaren zu den unfruchtbaren Jahren der Frau und sind eine Phase der hormonellen Umstellung. Dieser Wechsel zieht sich über mehrere Jahre hin. Die Jahre vor den eigentlichen Wechseljahren nennt man Prämenopause (prä = vor), diese beginnt bereits Mitte bis Ende 30, wenn noch kaum eine Frau an die Wechseljahre denkt. Doch bereits jetzt beginnen erste Veränderungen im weiblichen Körper. Einige Frauen nehmen diese wahr, sie werden aber meist nicht mit den Wechseljahren in Verbindung gesetzt. Der medizinische Fachbegriff für die Wechseljahre ist Klimakterium. Oft wird auch fälschlicherweise der Begriff Menopause (men = Monat) gebraucht, dabei handelt es sich aber nur um die letzte Monatsblutung. Das Durchschnittsalter für die Menopause liegt bei etwa 52 Jahren, sie kann erst rückblickend festgestellt werden, dann nämlich, wenn mindestens ein Jahr keine Blutung mehr stattgefunden hat. Der Lebensabschnitt danach wird Postmenopause (post = nach) genannt und dauert bis zum Lebensende. Die letzte Monatsblutung kommt nicht einfach so von heute auf morgen, sie wird eingeleitet durch die Perimenopause (peri = um, herum, über hinaus), die eigentlichen Wechseljahre. Die Perimenopause ist also der Zeitraum, in dem langsam und oft mit grossem Tamtam das Ende des reproduktiven Lebenszyklus der Frau «eingeläutet» wird. In dieser Zeit finden im weiblichen Körper zahlreiche hormonelle Veränderungen statt. Etwa zwei Drittel der Frauen spüren diese Veränderungen von leichten bis zu sehr einschränkenden und unangenehmen Symptomen. Die Dauer der Perimenopause variiert von Frau zu Frau und dauert rund vier bis zehn Jahre. In der frühen Perimenopause nimmt zuerst das Geschlechtshormon Progesteron mehr und mehr ab, die Östrogene (auch Estrogene), bleiben noch unverändert. Da die Geschlechtshormone immer im Verhältnis angeschaut werden müssen, zeigt sich durch das Absinken des Progesterons oft eine relative Östrogen-Dominanz. In der späteren Perimenopause nimmt auch die Östrogen-Poduktion ab, bis es schlussendlich zur letzten Blutung kommt. Danach verbleiben die Progesteron- sowie Östrogen-Spiegel auf tiefem Niveau.
- Klimakterium – Fachbegriff für Wechseljahre
- Prämenopause – erste hormonelle Veränderungen
- Perimenopause – eigentliche Wechseljahre
- Menopause – letzte Monatsblutung
- Postmenopause – ein Jahr nach der letzten Blutung (und bis Lebensende)
Der weibliche Zyklus – kurzer Exkurs
In der Pubertät beginnen unsere Eierstöcke, Sexualhormone, Gestagene und Östrogene, freizusetzen. Östrogene und Gestagene werden vom luteinisierenden Hormon und dem follikelstimulierenden Hormon gesteuert. Das bekannteste und wichtigste Östrogen ist Östadriol (auch Estradiol), bei den Gestagenen ist es Progesteron. Dies ist der Start des monatlichen Zyklus, der uns rund 35-40 Jahre begleitet. Der erste Menstruationszyklus beginnt rund zwei Wochen vor der ersten Monatsblutung (Menarche) mit der Vorbereitung des allerersten Eisprungs und der letzte endet mit der letzten Blutung (Menopause). Die Wechseljahre beginnen, wenn sich die Hormonspiegel langsam verändern. Die Hormone, insbesondere Progesteron und Östradiol, werden nicht mehr im monatlichen Gleichklang produziert. Die Eizellen und der weibliche Körper nähern sich dem Ende ihrer reproduktiven Phase. Wie schon die Pubertät, kann auch das Klimakterium uns ganz schön aus dem Takt bringen.
Wenn die Hormone Achterbahn fahren – Progesteron und Östrogene
Progesteron und Östrogene (v.a. Östradiol) sind Gegenspieler, oder besser gesagt Teamplayer, sie arbeiten eng zusammen, ergänzen sich und wenn sie nicht in Balance sind, bekommen wir dies zu spüren!
Progesteron
Progesteron spielt eine wichtige Rolle für die Gesundheit und das Wohlbefinden von uns Frauen. Wenn über die Wechseljahre gesprochen wird, hört man oft nur vom Östrogen-Mangel. Dabei steht in der frühen Perimenopause eigentlich meist ein Progesteron-Mangel und infolge eine relative Östrogen-Dominanz im Vordergrund. Neben den Östrogenen gehört Progesteron, auch Gelbkörperhormon oder Schwangerschaftshormon genannt, zu den wichtigsten weiblichen Geschlechtshormonen. Den Namen Gelbkörperhormon hat es, da es in den Eierstöcken im sogenannten Gelbkörper (Corpus luteum) gebildet wird, der sich nach dem Eisprung aus dem geplatzten Eibläschen (Follikel) bildet. Das nenne ich Recycling auf höchstem Niveau! In der ersten Zyklushälfte sorgt Östradiol unter anderem dafür, dass sich die Gebärmutterschleimhaut aufbaut, um einem befruchteten Ei ein perfektes «Nest» zu bieten. Progesteron ist in der zweiten Zyklushälfte dafür zuständig, dass sich die Schleimhaut nicht weiter aufbaut, aber perfekt aufgebaut bleibt, es wirkt also schwangerschaftserhaltend. Daher ist ein weiterer beliebter Name Schwangerschaftshormon. Progesteron hat noch viele weitere wichtige Aufgaben im Körper. Es sorgt für starke Knochen; während Östrogene den Abbau der Knochensubstanz hemmen, fördert Progesteron gar den Aufbau neuer Knochensubstanz. Weiter verdanken wir ihm gesunde und schöne Haut sowie Haare. Progesteron erhöht die Stoffwechselgeschwindigkeit und unterstützt die Schilddrüsenfunktion. Es wirkt positiv auf Psyche und Nervensystem ein; nämlich angstlösend, schlaffördernd, entspannend und beruhigend. Schlussendlich schützt Progesteron das Gebärmutter- und Brustgewebe vor Krebs. Daraus lässt sich folgern, dass ein Progesteron-Mangel weitreichende Folgen haben kann. Mit dem Älterwerden stehen dem Körper immer weniger reife Eizellen zur Verfügung, immer häufiger kommt es vor, dass der Eisprung ausbleibt und deswegen kein Progesteron zur Verfügung steht (zur Erinnerung; Progesteron wird nach dem Eisprung im Gelbkörper gebildet). Dies geschieht bereits in den Dreissigern, ab der frühen Perimenopause immer häufiger. Progesteron und Östrogene arbeiten eng zusammen, beginnt der Progesteron-Spiegel in der frühen Perimenopause zu sinken, wird die sensible Balance gestört, was eine relative Östrogen-Dominanz nach sich zieht.
Mögliche Symptome bei Progesteron-Mangel, bzw. Östrogen-Dominanz:
- verkürzter Zyklus, Zwischenblutungen, auch extrem starke und/oder lange Blutungen
- Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit
- Konzentrationsschwierigkeiten
- Angstzustände
- Schlafstörungen
- Wassereinlagerungen im Gewebe
- empfindliche Brüste, Brustspannen
- verstärktes prämenstruelles Syndrom (PMS)
- Gewichtszunahme (v.a. am Bauch)
- Neigung zu Myomen oder Zysten
- Eingeschränkte Schilddrüsenfunktion
Östrogene/Estrogene
Man spricht meist von Östrogen, korrekterweise sollte man jedoch von Östrogenen sprechen, denn unterschieden werden drei Typen. Östradiol/Estradiol ist die häufigste und wirksamste Form der Östrogene. Östron/Estron ist das zweitwirksamste Östrogen, es sinkt im Vergleich zu Östradiol langsamer in den Wechseljahren. Östriol/Estriol spielt eine entscheidende Rolle für die Schleimhautgesundheit (Scheide, Blase, Gelenke usw.). Erst in der späteren Perimenopause sinkt auch der Östrogenspiegel. Dies geschieht jedoch nicht regelmässig, sondern unterliegt z.T. massiven Schwankungen, die für Furore sorgen können. Östrogene spielen eine wichtige Rolle bei der weiblichen sexuellen und reproduktiven Entwicklung. Während der Pubertät sorgen sie für die körperlichen Veränderungen, welche aus einem Mädchen eine Frau zaubern. Östrogene wirken sich auf das sexuelle Verlangen, die Gesundheit von Knochen und Haut, sowie den Fettstoffwechsel und die Gehirnfunktion aus. Im weiblichen Körper sind weit über 400 Östrogenrezeptoren verteilt, sie sitzen aber nicht etwa, wie man ahnen könnte, nur in Gebärmutter, Eierstöcken, Vagina und Brüsten, sondern auch in Gehirn, Muskeln, Darm, Augen, Herz, Lunge oder Blutgefässen. Östrogene könnten als «Wachstum fördernd» beschrieben werden, nämlich überall dort, wo die erwähnten Rezeptoren sitzen. Wenn es während des Zyklus ansteigt, lässt es die Gebärmutterschleimhaut, aber auch das Brustgewebe «wachsen». Weiter sorgt es für einen optimalen Feuchtigkeitsgehalt in Haut und Schleimhaut, z.B. im Urogenitaltrakt, aber auch in Gelenken usw.
Der Abfall des Östrogenspiegels geht bei vielen Frauen mit typischen Wechseljahres-Symptomen einher:
- (nächtliches) Schwitzen, Hitzewallungen, Erröten (Flash)
- Scheidentrockenheit, Schmerzen beim Sex
- Vermehrte Scheiden- und Harnwegsinfekte
- Libidoverlust
- Gelenk- und Muskelschmerzen
- Brain Fog (Gehirn-Nebel); Vergesslichkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, eingeschränkte Merkfähigkeit ect.
- Herzrasen
- Nervosität, Unruhe
- Müdigkeit, Erschöpfung, Schlafprobleme
- Trockene Haut, Faltenbildung
- Haarausfall, dünneres, trockenes Haar
Das ist nur eine Auswahl an möglichen neuen Wegbegleitern. Weil wir so verschieden sind, können sich die Symptome sehr unterscheiden. Wie erwähnt, gibt es auch Frauen, die überhaupt nichts vom Hormon-Chaos mitbekommen. Glücklicherweise müssen aber auch die anderen nicht einfach still leidend Wechseljahresbeschwerden erdulden, wir können einiges unternehmen, damit wir diese Zeit gut überstehen!
Dies ist der erste von vier Teilen zum Thema Wechseljahre.
Teil 2: Stress ist Gift und Bewegung wirkt Wunder