Weihrauch – Olibanum
Dr. med. Heinz Lüscher
Vor rund 2000 Jahren überreichten die Weisen aus dem Morgenland dem neugeborenen Jesus und seinen Eltern Gold, Weihrauch und Myrrhe. Gold wäre auch heute noch ein grosszügiges Geschenk, doch was hat es mit Weihrauch und Myrrhe auf sich? Heute widmen wir uns dem Weihrauch und seinen medizinischen Eigenschaften, die man sich seit Jahrhunderten zunutze macht. In den letzten Jahren haben Wissenschafter herausgefunden, dass Weihrauch potente entzündungshemmende Substanzen enthält, die Boswelliasäuren. Das Harz eignet sich deshalb hervorragend zur Therapie von chronisch entzündlichen Erkrankungen, wie es viele Kulturen vor uns schon praktiziert haben.
Weihrauch hat eine lange Tradition
Was die Weisen vielleicht bereits wussten, kommt heutzutage wieder zurück ins Bewusstsein und wird neu erforscht: die Heilwirkungen von Weihrauch. Dieser hat eine lange Tradition in der Heilkunde vieler verschiedener Kulturen. So war er unter anderem in der indischen, chinesischen, arabischen, griechisch-römischen oder in der ägyptischen Medizin bekannt. Schon Hippokrates, Celsus, Galen, Dioskurides, Hildegard von Bingen oder Paracelsus beschrieben seine medizinischen Wirkungen. Er wurde gegen unzählige Beschwerden eingesetzt, am häufigsten aber bei verschiedensten entzündlichen Erkrankungen. Auch in alten pharmakologischen Büchern der klassischen europäischen Naturheilkunde ist Weihrauch noch bis ca. 1850 zu finden und wurde vorwiegend für Rheumatologische Erkrankungen eingesetzt, doch dann geriet Weihrauch leider in der Medizin in Vergessenheit.
Boswellia / Weihrauch im Video
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Harz aus Weihrauch-Bäumen (Boswellia)
Bei Weihrauch (Fachbegriff Olibanum) handelt es sich um das Gummiharz, welches aus Weihrauch-Bäumen (Fachbegriff Boswellia) gewonnen wird. Boswellia-Bäume gehören zur Familie der Balsambaumgewächse (Burseraceae), wovon es rund 20 verschiedene Arten gibt. Für die medizinische Anwendung sind jedoch nur wenige interessant, wie z.B. die Gattung Boswellia serrata, aus welcher der indische Weihrauch (Olibanum indicum oder Salai Guggal) gewonnen wird. Boswellia serrata ist in Indien, vorwiegend in den niederen Gebirgen entlang des Himalayas, aber auch im nördlichen und mittleren Teil Indiens beheimatet. Weihrauch-Bäume sind selten, denn sie benötigen zum Gedeihen besondere Bedingungen: absolute Trockenheit und Böden mit einer sehr bestimmten mineralischen Zusammensetzung. Zur Gewinnung des kostbaren Harzes werden die Stämme und Äste angeschnitten, damit der klebrig-milchige Pflanzensaft austritt und danach an der Luft langsam zu einer zähen Masse trocknet, dem Weihrauchharz. Das Harz wird erst nach mehreren Wochen eingesammelt, es handelt sich dabei um kleine gelbliche Klümpchen. Für eine bessere Qualität benötigt es eine längere Wartezeit, denn die Qualität wird mit der Zeit immer reiner.
Boswelliasäuren als Entzündungshemmer
Das Weihrauchharz besteht aus einem Gemisch von rund 200 Bestandteilen, welche je nach Art und Qualität variieren. Es enthält ätherische Öle, Harze, Schleimstoffe, Proteine usw. Doch im Zentrum des Interesses stehen die ätherischen Boswelliasäuren. Dabei handelt es sich um pentazyklische Triterpene mit unterschiedlichen Funktionsgruppen. Sie sind deshalb so interessant, weil sie unter anderem entzündungshemmende, abschwellende sowie fiebersenkende und schmerzlindernde Eigenschaften besitzen. Im indischen Weihrauch (Olibanum indicum), welcher aus Boswellia serrata gewonnen wird, kann der höchste Gehalt an den physiologisch interessanten Boswelliasäuren gemessen werden. Der Wirkmechanismus der Boswelliasäuren beruht darauf, dass sie in Entzündungsreaktionen des Körpers eingreifen. Von entzündetem Gewebe werden unter anderem Leukotriene, eine wichtige Gruppe von Entzündungsbotenstoffen, freigesetzt. Die Boswelliasäuren hemmen nun das Enzym 5-Lipoxygenase, welches als Schlüsselenzym für die Bildung von Leukotrienen verantwortlich ist und bringen es gar dazu, stattdessen entzündungsauflösende Substanzen zu produzieren. Unter den untersuchten Boswelliasäuren zeigte Acetyl-11-keto-β-Boswelliasäure (AKBA) die stärkste entzündungshemmende Wirkung.
Anwendung von Weihrauchprodukten
Eine in ungesunder Weise erhöhte Leukotrienproduktion ist bei einer Vielzahl chronischer entzündlicher Erkrankungen für die Aufrechterhaltung der Entzündung mitverantwortlich. Dazu gehören beispielsweise Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, Asthma bronchiale oder auch rheumatoide Arthritis. Trotz vieler Versuche, Substanzen zu finden und einzusetzen, welche speziell die Synthese von Leukotrienen hemmen, konnte bislang kein Medikament zur Marktreife gebracht werden. Dies hatte in erster Linie mit der erheblichen Toxizität der geprüften Stoffe zu tun. Auch hier zeigt Weihrauch grosse Vorteile, denn Nebenwirkungen können bei bestimmungsgemässer Anwendung nur in geringem Umfang beobachtet werden (gastrointestinale Beschwerden und allergische Reaktionen).
Zu den möglichen Anwendungsgebieten von Weihrauch gehören:
- Gelenksentzündungen (z.B. rheumatoide Arthritis)
- Entzündliche Darmerkrankungen (z.B. Morbus Crohn, Colitis ulcerosa)
- Entzündliche Atemwegserkrankungen (z.B. Asthma bronchiale)
- Arthrose (speziell Kniegelenksarthrosen)
- Autoimmunerkrankungen (z.B. Psoriasis, Multiple Sklerose)
- Morbus Alzheimer
Geeignete Produkte
Weihrauch ist in der EU nicht als Arzneimittel zugelassen, weshalb Patienten in der Regel auf Nahrungsergänzungsmittel mit Weihrauch zurückgreifen. Auf dem Markt wird eine Vielfalt an Produkten angeboten, die Qualität lässt jedoch bei vielen zu wünschen übrig. Da Weihrauchharz sehr teuer ist, sind Betrugsversuche schon fast vorprogrammiert.
Ich empfehle ein Produkt, welches einen Trockenextrakt aus dem Harz des indischen Weihrauchs (Olibanum indicum) und zusätzlich andere Inhaltstoffe wie Traubenkern-Extrakt (OPC), Vitamin C (Ascorbinsäure) und Mangan II Gluconat enthält. Leider können die lipophilen (fettlöslichen) Boswelliasäuren vom Darm nicht sehr gut resorbiert werden. Enthält ein Produkt jedoch ausreichend Lecithin (z.B. Sonnenblumenlecithin mit Phosphatidylcholin) als Emulgator, kann die Bioverfügbarkeit entscheidend erhöht werden.
Einige Studien zu Krankheitsbildern und dem Einsatz von Weihrauch
Arthrose:
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/12622457/
Asthma bronchiale:
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/9810030/
Entzündliche Darmerkrankungen:
Colitis ulcerosa:
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/9049593/
Schutz der Darmbarriere vor oxidativer und entzündlicher Schädigung:
https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4425476/