L-Arginin
Dr. med. Heinz Lüscher
Dass die Aminosäure L-Arginin im Körper zu Stickstoffmonoxid (NO) verstoffwechselt wird, welches die Blutgefässe erweitert, ist schon länger bekannt. SportlerInnen machen sich diesen Effekt zu Nutze, da durch die bessere Durchblutung eine Leistungssteigerung erwirkt und die Regeneration verbessert werden kann. Auch der positive Einfluss auf das Herzkreislaufsystem als Gefässschutz und Blutdrucksenker ist bereits seit den 1990-ern bekannt. Neuste Erkenntnisse legen nun dar, dass L-Arginin auch bei Haarausfall hilfreich sein kann.
Was ist L-Arginin?
Bei L-Arginin handelt es sich um eine semiessenzielle Aminosäure (was Aminosäuren sind erfährst du hier: Essenzielle Aminosäuren). Semiessenziell bedeutet, dass L-Arginin vom menschlichen Körper im Normalfall aus anderen Aminosäuren synthetisiert werden kann. Unter bestimmten Bedingungen kann L-Arginin jedoch für den Körper essenziell werden, d.h. dieser kann nicht mehr genügend L-Arginin herstellen. Dies ist beispielsweise ab einem gewissen Lebensalter, in Wachstumsphasen, während Krankheiten, bei schwerer körperlicher Aktivität oder Stress der Fall. Dann ist der Organismus auf die Zufuhr von L-Arginin über die Nahrung oder in Ergänzungsnahrungsmitteln angewiesen. Die Aminosäure steckt vor allem in proteinreichen Nahrungsmitteln wie Hülsenfrüchten, Nüssen, Ölsamen oder Fleisch.
Was bedeutet das “L”
Der Buchstabe „L“ vor dem Arginin erklärt die räumliche Anordnung der Moleküle. «L» steht für laevus (lat. links), weiter gibt es die „D-Formen“, das «D» steht für dexter (lat. rechts). Der Unterschied liegt im spiegelverkehrten Aufbau. Bei den Aminosäuren kann nur die L-Form von körpereigenen Enzymen für den Stoffwechsel genutzt werden.
Wie wirkt L-Arginin im Organismus?
L-Arginin wird im menschlichen Körper zu Stickstoffmonoxid (NO) verstoffwechselt, welches physiologisch ausschliesslich aus der semi-essenziellen Aminosäure L-Arginin hergestellt werden kann. Stickstoffmonoxid erweitert die Blutgefässe und fördert die Durchblutung. Die gefässerweiternde Wirkung wirkt sich positiv auf das Herzkreislaufsystem aus, aber auch auf die gesamte Muskulatur. L-Arginin fördert weiter die Freisetzung von Wachstumshormonen, was einerseits zu Muskelaufbau, andererseits aber auch zu verstärkter Fettverbrennung führt. Auch der Eiweissstoffwechsel wird durch L-Arginin verbessert, beziehungsweise angeregt. Weiter spielt L-Arginin im Immunsystem direkt eine wichtige Rolle, da es stimulierend auf die Thymusdrüse wirkt, wo Abwehrzellen gebildet werden, zum anderen übt es auch über die Umwandlung zu Stickstoffmonoxid einen positiven Einfluss auf das Immunsystem aus. Auch als Neurotransmitter im Nervensystem spielt L-Arginin eine Rolle und ist gleichzeitig auch eine Ausgangssubstanz für Kollagen, Bindegewebe, wichtige Enzyme und Hormone.
Für Sportler
Diese Effekte machen sich Sportler gerne zu Nutze, denn dadurch kann die sportliche Leistung gesteigert werden! Durch die verbesserte Durchblutung werden nicht nur Sauerstoff, sondern auch Mikronährstoffe besser in die Muskeln transportiert. Durch die erhöhte Muskeldurchblutung wird einerseits deren Funktion, aber auch die Regeneration gesteigert, andererseits kann indirekt der Muskelaufbau angeregt werden, da L-Arginin die Freisetzung der beiden Wachstumshormone Prolaktin und Glukagon anregt.
Für das Herzkreislaufsystem
In gesundem Endothel von Blutgefässen (innerste Zellschicht und Auskleidung der Gefässe) wird Stickstoffmonoxid produziert. Bei vielen Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist die L-Arginin-abhängige Stickstoffmonoxid-Bildung gestört. L-Arginin kann deshalb als physiologische Behandlung bzw. Prophylaxe dieser Erkrankungen genutzt werden. Stickstoffmonoxid erweitert die Arterien, was einen optimalen Blutfluss ermöglicht und zu einem reibungslosen Sauerstoff- und Nährstofftransport zu den einzelnen Organen führt. L-Arginin unterstützt so indirekt die Gesunderhaltung des Endothels und dient als wichtiger Schutzmechanismus vor der gefürchteten Arteriosklerose («Arterienverkalkung») und ihren Folgeerkrankungen (z.B. Bluthochdruck, Herzinfarkt und Schlaganfall).
1998 wurde die Erforschung und Entdeckung der gefässschützenden Wirkung von Stickstoffmonoxid mit dem Nobelpreis für Medizin gekrönt. Stickstoffmonoxid, welches im Körper aus L-Arginin gebildet wird, hat eine zentrale Bedeutung bei der Vorbeugung oder Behandlung von arteriosklerotischen Erkrankungen.
Der natürliche Stickstoffmonoxid-Vorläufer L-Arginin hat folgende Eigenschaften:
- Entspannt und weitet Blutgefässe
- Verbessert die Durchblutung sowie die Sauerstoff- und Mikronährstoffversorgung
- Hemmt die Verkalkung von Blutgefässen
- Verhindert Gefässverschlüsse (z.B. Herzinfarkt, Hirnschlag)
- Senkt den Blutdruck
- Wirkt der Thrombozytenaggregation entgegen (Verklumpung der Blutplättchen)
- Entlastet den Herzmuskel (wichtig bei Herzinsuffizienz oder Angina pectoris)
L-Arginin kann eingesetzt werden bei:
- Hypertonie (erhöhter Blutdruck)
- Arteriosklerose («Arterienverkalkung»)
- Anginga pectoris («Herzenge»)
Dosierungsempfehlung für Herzkreislauf:
3 x täglich 1,5-2 g reines L-Arginin
Es ist zu beachten, dass zu einer natürlichen Behandlung der erwähnten Erkrankungen immer auch weitere Massnahmen erforderlich sind (z.B. Ernährung, Bewegung, Stressmanagement), auch die Supplementation weiterer Mikronährstoffe kann wichtig sein. Bei der gleichzeitigen Einnahme von Stickstoffmonoxid-freisetzenden Medikamenten (z.B. Nitroglycerin) kann es zu unerwünschten Wechselwirkungen kommen. Eine Rücksprache mit einem Arzt ist empfehlenswert.
Artikel und Studien zu L-Arginin und Herzkreislauf:
https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/pdf/10.1055/s-0033-1350779.pdf
https://www.mdpi.com/2072-6643/8/6/364
L-Arginin bei Haarausfall
Auch auf die Mikrozirkulation nimmt L-Arginin positiven Einfluss, so wird beispielsweise die Durchblutung in feinem Hautgewebe gefördert und führt so auch zu einer besseren Mikronährstoff-Versorgung der Haarwurzeln.
Die Haarwurzeln haben eine zwiebelartige Form, welche Bulbus genannt wird. Im Bulbus befindet sich die sogenannte Haarpapille, welche über feinste Blutgefässe gut durchblutet und mit Nährstoffen versorgt wird. Der Bulbus enthält auch die Matrix, aus der neue Haarzellen gebildet werden, wozu diverse Mikronährstoffe benötigt werden.
Die verbesserte Mikrozirkulation und die bessere Versorgung mit für das Haarwachstum wichtigen Mikronährstoffen, macht L-Arginin für die Behandlung bei Haarausfall interessant. Prof. Dr. Elmar Wienecke hat herausgefunden, dass damit eine deutliche Verbesserung erzielt werden kann, allerdings nicht bei androgenetischer Alopezie (anlagebedingter Haarausfall).
Haarausfall – drei Hauptformen
An Haarausfall (Alopezie) können Männer sowie Frauen leiden. Bei den Herren tritt das Problem häufiger auf, bei den Damen ist der Leidensdruck jedoch oft bedeutend grösser. Schönes und gesundes Haar ist für viele Menschen, insbesondere für Frauen, der Inbegriff für Schönheit und Weiblichkeit. Haarausfall ist deshalb häufig mit sehr grossem Leidensdruck verbunden!
Es gibt drei Hauptformen von Haarausfall:
- androgenetische Alopezie
- Alopecia areata
- diffuse Alopezie
Der bereits erwähnte, veranlagungsbedingte Haarausfall (androgenetische Alopezie) kommt am häufigsten vor. Bei dieser Form des Haarausfalls reagieren die Haare, bzw. die Haarwurzeln, überempfindlich auf das männliche Geschlechtshormon Dihydrotestosteron (DHT). Es handelt sich um die bei Männern verbreitete «Glatze». Androgenetische Alopezie kommt bei Frauen viel seltener vor.
Die genauen Ursachen des kreisrunden Haarausfalls (Alopecia areata) sind bis heute nicht abschliessend geklärt, es wird jedoch meist eine Autoimmunreaktion verantwortlich gemacht, aufgrund derer das Immunsystem die Haarwurzeln attackiert.
Die dritte Hauptform ist der diffuse Haarausfall (diffuse Alopezie), dabei werden die Haarwurzeln durch verschiedenste Ursachen geschädigt. Diese Art von Haarausfall tritt mehr oder weniger gleichmässig über den ganzen Kopf auf, das Kopfhaar lichtet sich zunehmend.
Folgende Ursachen sind für diffusen Haarausfall möglich (Auswahl):
- gewisse Medikamente (z.B. Zytostatika (Chemotherapie), Thyreostatika (bei Schilddrüsenüberfunktion), Antikoagulanzien (Gerinnungshemmer), Lipidsenker (bei erhöhten Blutfettwerten), Ovulationshemmer («die Pille»)
- Infektionskrankheiten (z.B. Scharlach, Grippe, Tuberkulose)
- Stoffwechselerkrankungen (z.B. Schilddrüsenüber – bzw. unterfunktion)
- Mikronährstoffmängel (z.B. Eisen)
- Andauernder Stress
- Hormonumstellungen (z.B. nach der Geburt, in den Wechseljahren)
- Rauchen (insbesondere in Kombination mit Übergewicht)
Behandlung von Haarausfall (nicht androgenetisch) mit L-Arginin
Es wird empfohlen, die Therapie bereits bei beginnendem Haarausfall und lichter werdendem Haar zu starten, sie wirkt jedoch auch bei fortgeschrittenem Haarausfall bis hin zur Glatze, dauert dann aber entsprechend länger. Prof. Dr. Elmar Wienecke empfiehlt eine tägliche Dosis von 5000mg reinem L-Arginin. Da für das Haarwachstum verschiedene Mikronährstoffe benötigt werden, wird L-Arginin am besten mit weiteren Stoffen kombiniert. Es ist z.B. bekannt, dass weitere Aminosäuren, nämlich L-Cystein, L-Methionin und L-Lysin, für das Wachstum und die Gesundheit der Haare mitverantwortlich sind, weshalb zusätzlich ein Aminosäuren-Kombipräparat Sinn macht. Auch ein Magnesium-Mangel, von dem in unseren Breitengraden viele Menschen betroffen sind, kann Haarausfall begünstigen und übernimmt im Körper auch sonst noch hunderte wichtige Funktionen, weshalb Magnesium ebenfalls zu einer Haarausfall-Therapie mitdazugehören sollte. In gewissen Fällen ist die zusätzliche Gabe von Omega-3-Fettsäuren und Eisen sinnvoll. Nämlich, falls der Omega-3 Index unter 8 liegt und die Ferritin-Werte bei Frauen unter 60 und bei Männern unter 100.
Bis die Haare wieder (dichter) wachsen benötigt es zudem eine gute Portion Geduld, es dauert mehrere Monate bis zu einem Jahr, bis die Haarpracht sich sichtbar verbessert. Die Zeit ist selbstverständlich auch abhängig von der Schwere und Art des Haarausfalles.
Tages-Dosierung über den Tag verteilt:
5000mg L-Arginin (z.B. 10 Kps Arginin Vida)
6000-10 000mg Aminosäuren (z.B. 12-20 Kps Amino Vida)
500-600 mg elementares Magnesium (z.B. 3 Kps Magnesium Vida)
2750 mg Omega-3 Fettsäuren (z.B. 10ml Omega-3 Vida), wenn der HS-Omega-3 Index unter 8 liegt
14 mg gut bioverfügbares Eisen (z.B. Eisen Vida), wenn das Ferritin unter 60 (bei Frauen) bzw. unter 100 (bei Männern) liegt
Geeignete L-Arginin-Produkte
Ich empfehle reines L-Arginin, es wird im Darm schnell aufgenommen und steht dem Körper rasch zur Verfügung. Produkte ohne Zusatzstoffe wie Verdickungsmittel, Süssungsmittel oder Füllstoffe sind vorzuziehen. L-Arginin-Produkte, welche aus Hülsenfrüchten gewonnen werden, eignen sich auch für Veganer.