Omega-3-Fettsäuren
Dr. med. Heinz Lüscher
Omega-3-Fettsäuren spielen im Organismus bei diversen Funktionen eine wichtige Rolle und haben deshalb einen sehr breiten Anwendungsbereich in der Prävention und Behandlung von verschiedensten Erkrankungen. Omega-3-Fettsäuren sind essenziell, der Bedarf muss deshalb zwingend durch die Nahrung gedeckt werden. Die biologisch aktivsten Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA sind in hohen Mengen in Fisch- und Krill-Öl enthalten. Doch auch für Menschen mit veganem Lebensstil gibt es Möglichkeiten zur Versorgung mit Omega-Fettsäuren.
Was sind Omega-3-Fettsäuren?
Omega-3-Fettsäuren gehören zu den sogenannten ungesättigten Fettsäuren und sind für den Organismus essenziell. Das bedeutet, sie können vom menschlichen Körper nicht selbst hergestellt und müssen deshalb über die Nahrung aufgenommen werden. Omega-3-Fettsäuren, insbesondere die biologisch aktivsten Omega-3-Fettsäuren Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA), kommen vor allem in fettem Meerfisch oder auch Krill vor. Als Alpha-Linolensäure (ALA) und deren Abkömmlinge sind sie auch in pflanzlichen Produkten wie z.B. Leinsamen-, Hanf-, Walnuss- oder Rapsöl enthalten, weiter in den weniger bekannten Ölen aus der Chia- und der Perillapflanze. Der menschliche Körper kann aus ALA zwar EPA und DHA herstellen, allerdings nur in begrenztem Umfang, denn er muss ALA zuerst in Stearidonsäure (SDA) umwandeln.
Omega-3-Fettsäuren im Video
Erfahre mehr über die Omega-3-Fettsäuren und die enthaltenen Vitalstoffe im Video mit Dr. med. Heinz Lüscher.
Wozu dienen Omega-3-Fettsäuren?
Omega-3-Fettsäuren erfüllen eine Vielzahl an Funktionen. So sind sie wichtig für verschiedene Stoffwechselvorgänge, sind Bestandteile der Zellmembran und spielen eine wichtige Rolle beim Wachstum und der Entwicklung von Kindern und dies bereits im Mutterleib.

Omega-3-Fettsäuren schützen das Herz
Ein gesundes Herz-Kreislauf-System kommt schlussendlich allen Organen zu Gute! Omega-3-Fettsäuren schützen vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen und deren Folgen. In Untersuchungen am Menschen wurden folgende Wirkungen für EPA und DHA nachgewiesen:
- Sie wirken anti-arrhythmisch (beugen Herzrhythmusstörungen vor) sowohl auf der Ebene des Vorhofes wie der Herzkammer.
- Sie stabilisieren instabile Gefässbezirke, die ansonsten Myokardinfarkte verursachen können («instabile Plaques»).
- Sie verlangsamen das Voranschreiten von Veränderungen der Koronargefässe und haben somit eine präventive Wirkung auf die Koronare Herzkrankheit (KHK).
- Sie senken die Triglycerid-Werte, welche ein Risiko für Thrombosen oder Arteriosklerosen darstellen können. Sie fördern die Durchblutung.
- Sie hemmen die Thrombozytenaggregation («Zusammenklumpung» von Blutplättchen).
- Sie haben zahlreiche weitere positive Wirkungen auf Gefässfunktion, Blutdruck und Entzündungsmediatoren.
Omega-3-Fettsäuren sind wichtig für das Hirn
Langkettige, ungesättigte Fettsäuren wie EPA und DHA sind sehr wichtig für die normale Hirnfunktion. Wie gut Nervenzellen arbeiten, hängt unter anderem davon ab, welchen Anteil Omega-3-Fettsäuren du in den Zellmembranen hast. Deshalb sind Omega-3-Fettsäuren äusserst wichtig für die Hirnentwicklung von Ungeborenen und Babys. Auch ist es bei neurologischen Erkrankungen wie z.B. AD(H)S wichtig, auf eine hohe Zufuhr an Omega-3-Fettsäuren zu achten. An AD(H)S Erkrankte weisen oft einen niedrigen Omega-3-Spiegel auf (1). Symptome wie Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen, übermässige Impulsivität oder innere Unruhe können aber durch geeignete Omega-3-Gaben signifikant reduziert werden. Man hat festgestellt, dass vor allem die Dosis an EPA für das Eintreten der positiven Effekte entscheidend ist. Es gibt unterdessen zahlreiche Studien zum Thema Omega-3-Fettsäuren bei AD(H)S und mögliche Effekte auf Betroffene (2).
Omega-3-Fettsäuren können weiter das Risiko einer demenziellen Erkrankung wie z.B. Alzheimer senken. Es wurde beobachtet, dass Menschen, die sich Omega-3-reich ernähren, seltener an Alzheimer erkranken. Ein hoher EPA- und DHA-Spiegel hängt mit einem grösseren Gehirnvolumen zusammen.
Omega-3-Fettsäuren unterstützen das Immunsystem
Omega-3-Fettsäuren haben eine positive Wirkung auf akute, aber auch chronische Entzündungen. Das Thema Entzündung, sowie auch der Einfluss der Omega-3-Fettsäuren auf diese, ist hochkomplex! Kurz und einfach gesagt: Eine Entzündung hat eigentlich das Ziel, schädliche Reize (z.B. das Eindringen und Ausbreiten krankheitsverursachender Erreger) zu eliminieren. Entzündungsprozesse können aus der Balance geraten und es können sich chronische Entzündungen einstellen, wie dies bei vielen chronischen Krankheiten, z.B. bei Autoimmunerkrankungen der Fall ist. Omega-3-Fettsäuren helfen zusammen mit Vitamin D das Immunsystem zu regulieren, wodurch die Zahl der weissen Blutkörperchen (Immunzellen) beeinflusst werden kann. Sogenannte Makrophagen (Riesenfresszellen) besitzen Rezeptoren für Omega-3-Fettsäuren. Docken diese an solche Rezeptoren an, blockieren sie die Entzündung im Inneren der Fresszelle. Sie nehmen auch Einfluss auf die Entzündung, indem sie Grundbausteine für verschiedene entzündungsauflösende Substanzen fördern. So lässt sich erklären, wie Omega-3-Fettsäuren gegen überschiessende Entzündungsvorgänge im Organismus wirken.
Ein Forscherteam der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der Harvard Medical School in Boston hat in der Fachzeitschrift «Nature Communications» Studienergebnisse zum Thema publiziert. Hier werden die zellulären Mechanismen der Auflösungsphasen von Entzündungen genau beschrieben:
https://www.nature.com/articles/s41467-017-02538-5
Den Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA wird aus diesen Gründen eine hohe therapeutische Wirkung bei zahlreichen chronisch degenerativen und entzündlichen Erkrankungen zugeschrieben. Sie werden generell begleitend empfohlen bei Autoimmun- und Krebserkrankungen. So können z.B. bei der Autoimmunkrankheit Multiple Sklerose die angegriffenen Myelinscheiden, die im gesunden Körper schützend die Nervenfasern umgeben, mit Omega-3-Fettsäuren und Coenzym Q10 zumindest teilweise wieder aufgebaut werden. Aber auch Menschen, die unter wiederkehrenden Infekten leiden, können diesen mit Omega-3-Fettsäuren entgegenhalten.
Der HS-Omega-3-Index
HS steht für «High Sensitivity» oder auch «Harris Schacky» (Prof. Dr. Clemens von Schacky Leiter präventive Kardiologie, Universität München und Prof. Dr. W.S. Harris). Der Omega-3-Index gibt Auskunft über den Gehalt der beiden Omega-3-Fettsäuren EPA (Eicosapentaensäure) und DHA (Docosahexaensäure) und wird zusammen mit 24 weiteren Fettsäuren mit einem patentierten und standardisierten Verfahren in den roten Blutkörperchen (Erythrozyten) gemessen, was eine genaue Aussage erlaubt. Gute Werte liegen zwischen 8% und 11%, zu tiefe Werte sind jedoch sehr häufig. Ein tiefer HS-Omega-3-Index bedeutet ein hohes Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen und ihre Folgen.
Ernährungsempfehlung
Von Fachleuten wird empfohlen, zweimal in der Woche fetten Meerfisch in den Speiseplan zu integrieren. Als «Binnenländer» sind wir uns das meist nicht gewöhnt, aber auch wenn man ein Meerfischliebhaber ist, kann die Auswahl an frischem, geeignetem und nicht schwermetallbelastetem Fisch stark begrenzt sein. Deshalb kann es angebracht sein, sich für ein hochwertiges Fisch- oder aber auch Krill-Öl als Nahrungsergänzung zu entscheiden. Menschen mit veganer Lebensweise sollten möglichst oft die oben genannten Pflanzenöle in der Küche einsetzen, zusätzlich lohnt es sich aber, sich Gedanken über ein hochwertiges veganes Omega-3-Produkt zu machen, welches auch EPA und DHA enthält wie beispielsweise ein Algenöl.
Wie unterscheiden sich Krill-Öl und Fisch-Öl?
Fisch-Öl weist zwar höhere Konzentrationen an Omega-3-Fettsäuren auf als Krill-Öl. Dafür können die Omega-3-Säuren im Krill-Öl vom Körper besser aufgenommen werden. Das hängt damit zusammen, dass die Omega-3-Säuren im Fisch-Öl ausschliesslich in fettlöslicher Form vorliegen (gebunden an Triglyzeride). Im Krill-Öl sind sie hingegen fett- und wasserlöslich, weil sie an Phospholipide gebunden sind. Das hat Auswirkungen auf die Verträglichkeit, Verdauung und Aufnahme des Öls.
Was spricht für Krill-Öl – was für Fisch-Öl?
- Das Verhältnis zwischen Omega-3-Fettsäuren und Omega-6-Fettsäuren ist bei Krill-Öl um den Faktor 3 höher als bei Fisch-Öl.
- Krill-Öl enthält, im Gegensatz zu Fisch-Öl, natürliches Astaxanthin. Es gibt jedoch auch hochwertiges Fischöl auf dem Markt, welchem Astaxanthin beigemischt wird.
- Krill steht am Anfang der Nahrungskette. Damit werden im Körper der Tiere kaum Schwermetalle und andere Giftstoffe angereichert. Fische hingegen stehen weiter oben in der Nahrungskette. Die Gefahr einer Anreicherung ist grösser.
- Im Gegensatz zum Fisch ist bei Krill die Gefahr einer Überfischung sehr gering. Der Krill-Bestand wird auf ca. 500 Millionen Tonnen geschätzt. Keine andere Tierart auf dieser Welt produziert mehr Masse als Krill. Die Gesamtfangmenge pro Jahr beträgt ungefähr 200’000 Tonnen, was weniger als 0,1% des Bestandes ausmacht. Dennoch ist es wichtig, nur Krill aus nachhaltigen Quellen zu verwenden.
- Preislich sind Omega-3-Fettsäuren in hochwertigem Fischöl günstiger als jene im Krill-Öl.
Was ist Astaxanthin?
Astaxanthin ist ein natürlicher, rötlicher Farbstoff, der zu den Carotinoiden zählt. Er wird vor allem von Grünalgen produziert und ist etwa für die Rotfärbung von Krebstieren wie Krill verantwortlich, welche diese Algen verzehren. Astaxanthin ist ein starkes Antioxidans, welches dem Körper hilft, die gefährlichen freien Radikale zu eliminieren. Astaxanthin entfaltet seine Schutzwirkung aber nicht erst im Körper, sondern konserviert das Krill- bzw. auch das Fisch-Öl bereits während der Lagerung (z.B. in der Kapsel/Flasche).

Worauf ist beim Kauf von Krill- oder Fisch-Öl zu achten?
Aus Gründen des Umweltschutzes sollte Krill- und Fisch-Öl nur aus nachhaltigen und kontrollierten Quellen gekauft werden. Krill-Öl sollte nach dem Fang so rasch wie möglich weiterverarbeitet werden. Bevorzugt man ein Fischöl, ist es wichtig, dass dieses auf Schwermetalle geprüft und – falls gegeben – entsprechend gereinigt worden ist.
Vegane Omega-3-Öle
Algen und Mikroalgen sind eine ideale pflanzliche Quelle für Omega-3-Fettsäuren. Bei Mikroalgen handelt es sich um pflanzenartige Organismen, die aus nur einer oder ein paar wenigen Zellen bestehen, sie sind von blossem Auge nicht sichtbar. Die Mikroalge Schizochytrium sp. besticht beispielsweise dadurch, dass sie auch die beiden Fettsäuren EPA und insbesondere DHA bildet. Schizochytrium sp. kommt in küstennahen Meeresgebieten vor, benötigt kein Licht und ernährt sich von organischen und pflanzlichen Stoffen. Die Pflanze Acker-Steinsame (Buglossoides arvensis) ist noch nicht so bekannt, obwohl sie auch in unseren Breitengraden gedeiht. In letzter Zeit rückt sie jedoch mehr und mehr in den Fokus von Wissenschaftlern, welche auf der Suche nach geeigneten pflanzlichen Omega-3-Fettsäuren-Lieferanten sind. Die Samen der Acker-Steinsame sind reich an der Stearidonsäure (SDA), aus welcher der menschliche Körper direkt EPA herstellen kann. Weiter sind Alpha-Linolensäure (ALA) und Gamma-Linolensäure (GLA) enthalten. Ich empfehle ein Öl, in welchem beide dieser pflanzlichen Omega-3-Fettsäuren-Lieferanten miteinander vereint sind.
Wie ALA (Alpha-Linolensäure) ist auch SDA (Stearidonsäure) eine langkettige, mehrfach ungesättigte Omega-3-Fettsäure. Bei ALA handelt es sich um die häufigste Form von Omega-3-Fettsäuren auf pflanzlicher Basis. ALA sowie SDA können vom menschlichen Körper in die für ihn wichtige Fettsäure EPA umgewandelt werden. SDA hat jedoch einen bedeutenden Vorteil in der Effizienz der Umwandlung gegenüber ALA. Denn SDA kann direkt in EPA umgewandelt werden, während ALA zuerst in SDA und erst in einem zweiten Schritt in EPA umgewandelt werden kann. Somit wird SDA effizienter verstoffwechselt, was schlussendlich zu einem höheren EPA-Gehalt im Körper führt. Eine randomisierte, doppelblinde, Placebo kontrollierte Humanstudie ergab, dass das Öl aus den Samen der Acker-Steinsame drei- bis viermal besser in EPA umgewandelt wird als Leinsamenöl. Die Acker-Steinsame enthält 18-20 % SDA, dies ist der bisher höchste bekannte Gehalt an natürlich vorkommendem SDA aller Pflanzenöle.
Studien zur Umwandlung von SDA in EPA:
Öl der Acker-Steinsame: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26793308/
Mit SDA angereichertes Öl: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/23885702/
Weitere Infos zum Omega-3-Index inkl. Richtwerten sowie die Möglichkeit sich selbst für € 70 testen zu lassen: https://omegametrix.eu/index.php
Dosierungsempfehlungen
Fisch-Öl: Täglich 1-2g Omega-3-Fettsäuren
Krill-Öl: Täglich 0,4-0,8g Omega-3-Fettsäuren
Veganes Öl: Täglich 2g Omega-3-Fettsäuren
Zur besseren Aufnahme am besten mit einer Mahlzeit einnehmen.